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25.10.2017 | Veranstaltungen -

Demokratietag 2017 - Planspiel Europa Asylpolitik

Neue Ausrichtung der Europäischen Flüchtlings- und Asylpolitik: Zweitägiges Planspiel der 10. Klassen im September 2017
„Nach und nach konnte ich mich immer besser in meine Rolle als euroskeptischer Abgeordneter hineinversetzen. Ich kann die Argumentationen jetzt viel besser verstehen und ansatzweise nachvollziehen, warum zum Beispiel in Deutschland leider so viele Menschen AfD wählen“, erklärt Henry, der in die Rolle eines Abgeordneten der Konservativen und Reformistischen Fraktion im Europäischen Parlament schlüpfte.
Am 27./28. September durfte er mit seinen 60 Mitschüler/innen in die Rollen der politischen Akteure der Europäischen Union schlüpfen. Als Mitglieder der Europäischen Kommission, des Europäischen Parlaments, des Ministerrats oder als Interessen- und Pressevertreter/in gestalteten die Teilnehmenden in Eigenregie die europäische Politik. Alle waren mit Elan bei der Sache und spürten, wie schwierig es sein kann, die unterschiedlichen Meinungen und Vorstellungen der politischen Lager in einem Kompromiss zu vereinen.
Als besonderes Highlight des Planspiels bekamen die Schülerinnen und Schüler am ersten Tag der Veranstaltung Besuch des rheinland-pfälzischen Landesbeauftragten für Migration und Integration Miguel Vicente, an den diese ganz direkt Ihre persönlichen Fragen zur Asyl- und Flüchtlingspolitik stellen konnten. Da sich die Teilnehmenden bereits zuvor in ihre zugeloste Planspielrolle einfinden mussten, stellten viele auch konkrete Fragen zur Ihrer politischen Rolle. Eine Stunde lang ergab sich dadurch eine interessante Diskussion, die die Schülerinnen und Schüler nutzen, sich zur realen Politik der Europäischen Kommission, der Flüchtlings- und Integrationssituation in Ihrer Heimat und dem aktuellen Rechtsruck in Europa zu informieren und mit dem Landesbeauftragten darüber zu debattieren.
Gemeinsam verhandelten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Anschluss deshalb besonders hitzig verschiedene Probleme, mit denen die europäischen Länder durch die Flüchtlingswelle konfrontiert sind. Debattenschwerpunkt war dabei vor allem die Frist zur Umsetzung der Richtlinie sowie Grenzkontrollen an den EU-Außengrenzen und die Ausgestaltung einer Flüchtlingsquote. Beiden Seiten war eine gerechte Aufnahme und Verteilung von Flüchtlingen in den EU-Ländern wichtig. Beim Leitartikel einigten sie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer darauf, bei dem Gesetz eine menschenwürdigere Versorgung der Flüchtlinge gewährleisten zu können. Vor allem deshalb wurden ein kurzfristiges Relocation-Programm und eine langfristige Flüchtlingsquote in Artikel 1 beschlossen, um die Situation in den Mittelmeerstaaten zu entspannen. Darüber hinaus wurde eine Einreise nur mit nachweisbarer Identität und Registrierung festgelegt. In Artikel 2 einigten sich die beiden Gremien auf ein Integrations- und Qualifikationsprogramm sowie eine Schul- und Jobpflicht. Als großer Streitpunkt zeigte sich die Umsetzungsfrist. Nach intensiven Auseinandersetzungen konnte aber ein Kompromiss mit einem sehr zeitnahen Inkrafttreten gefunden werden.
Die Schlussabstimmung über die einzelnen Artikel verlief im Ministerrat und im Europäischen Parlament größtenteils positiv, scheiterte jedoch dann doch noch bei einer Kompromissfindung zu Artikel 3. Auch durch den Einfluss der Interessenvertreter erhielt das Kapitel nicht die notwendige Mehrheit im Ministerrat bezüglich eines Artikels zur europäischen Grenzsicherung und Registrierung der Flüchtlinge.
Ziel des Planspiels war es, ein besseres Verständnis für politische Entscheidungsfindung auf europäischer Gesetzgebungsebene unter Einbezug von verschiedenen Standpunkten und Ansichten zu vermitteln. „Ich hätte nicht gedacht, dass man bei einem Planspiel so viel Praktisches macht. Es hat wirklich viel Spaß gemacht“, so Emely, Mitglied der Europäischen Kommission.
Besonderes Lob gebührte an diesem Tag den Vorsitzenden der Institutionen. Sie hatten die Aufgabe, die Debatten anzuleiten und die verschiedenen Interessen in Einklang zu bringen. „Als Vorsitzender des Europäischen Parlaments fand ich es schon manchmal ziemlich schwierig, Ruhe in die hitzigen Debatten zu bringen“, berichtet Vincent, Vorsitzender des Europäischen Parlaments und Vertreter der Rechtspopulistischen Fraktion.
Möglich gemacht wurde das Planspiel vom Landesbüro Rheinland-Pfalz/Saarland Friedrich-Ebert-Stiftung.